Initialer Einsatz von Drohnen – Ukraine-Invasion 2022
07. März 2022
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 löste einen weltweiten Aufschrei gegen das Vorgehen von Präsident Wladimir Putin aus. Es ist die nächste Eskalationsstufe in einem Konflikt dessen aktive Phase mit der russischen Annexion der Krim 2014 begonnen hat. Was dort jetzt stattfindet kann man nur mit einem Wort bezeichnen: Krieg — in Europa, 1000km von Berlin entfernt. Der Artikel wurde am 07. März 2022 geschrieben, alle Angaben beziehen sich auf den aktuellen Zeitpunkt.
Die militärische Lage ist schwer zu beurteilen und konstant im Fluss. Klar scheint zu sein: Was auch immer Putin geplant hat wurde durch den ukrainischen Widerstand zunichte gemacht. Der Welt wurde ein fast unglaublicher Anblick geboten: Die Macht der russischen Streitkräfte, die lange Zeit als Haupt- und würdiger Gegner der kombinierten NATO-Streitkräfte angesehen wurden, haben große Mühe ihre Invasion der Ukraine wie geplant durchzuführen. Zusätzlich scheint die Stimmungslage unter den russischen Truppen, glücklicherweise, wenig enthusiastisch;es mehren sich beispielsweise Berichte von Desertationen.
In diesem Artikel möchten wir den Einsatz unbemannter Kampfdrohnen (UCAV, Unmanned Combat Air Vehicle) auf ukrainischer Seite, spezifisch der in der Türkei hergestellten Bayraktar TB-2, beleuchten. Diese hat schon in zwei Vorgängerartikeln eine Rolle gespielt: Im Armenien-Aserbaidschan-Krieg 2020, wo sie eine entscheidende Rolle auf aserbaidschanischer Seite gespielt hat, und in meiner Analyse des Ukraine-Konfliktes von 2014–2021 im Hinblick auf Drohnen.
Die Schlussfolgerung dort war, dass diese Drohne eine entscheidende Rolle auf ukrainischer Seite spielen könnte, eine Meinung die offensichtlich vom ukrainischen Beschaffungsamt geteilt wurde. Wie also schlägt sich die TB-2 in diesem Konflikt? Hat sie einen entscheidenden Einfluss?
Empfehlungen
Aus der Analyse dieses Konflikts ergeben sich drei Empfehlungen, die in internationalen Streitkräften umgesetzt werden sollten:
- Die Ukraine muss weiter mit Drohnen unterstützt werden. Drohnen sind ein effektiver Multiplikator für andere Kräfte. Ihr Einsatz ist im hier analysierten Konflikt aufgrund ihrer begrenzten Anzahl vermutlich nicht kriegsentscheidend aber dennoch offensichtlich bedeutsam — jedes ausgeschaltete BUK-System bedeutet eine größere Bewegungsfreiheit für andere ukrainische Luftfahrzeuge, jeder ausgeschaltete Konvoi bedeutet weniger Druck an der Front.
- Die Ukraine hat mit der Entwicklung eigener Drohnen begonnen die auf ihren langjährigen Erfahrungen in der Krim basieren und offensichtlich sehr wirksam sind, auch wenn sich dieser Artikel auf die TB-2 konzentriert hat. Jedes westliche Militär sollte aufpassen was dort passiert, ohne Vorbehalte lernen und schnellstmöglich zur Entwicklung und Beschaffung schreiten.
- Spezialisierte Ausrüstung für die Drohnenabwehr und, hilfsweise, elektronische Kampfführung wird so schnell wie möglich benötigt, und zwar nicht nur für feste Stützpunkte, sondern auch für Konvois und sogar auf Zugebene. Aufgrund der häufigen operativen und technischen Neuerungen bei Drohnen müssen die Drohnenabwehrsysteme ständig modernisiert und getestet und ihr Einsatz trainiert werden — der nächste Gegner wird auf Drohnen auf seiner Seite haben.
Aufrüstung und erste Analyse der Wirksamkeit
Die Ukraine hat bis Anfang 2022 insgesamt 18 Bayraktar-TB-2-Systeme erhalten. Am 02. März 2022 kündigte der ukrainische Verteidigungsminister Oleksii Reznikov an, dass das Land Stinger- und Javelin-Raketen aus verschiedenen westlichen Ländern, sowie eine zweite Ladung türkischer Drohnen erhalten werde. Ausgehend von meinem früheren Artikel und allen verfügbaren Berichten kann man sicher davon ausgehen, dass es sich bei den Drohnen um Bayraktar TB-2 handelt. Eins ist klar: Die Ukraine würde keine weiteren dieser Waffen kaufen, wenn sie in dem aktuellen Konflikt nicht wirksam wären.
Seit Beginn der Invasion hat die Bayraktar einen Ruf erworben, den man fast schon als Kultstatus bezeichnen könnte. Schon im Aserbaidschan-Armenien-Konflikt war eine nicht zu vernachlässigende Wirkung die psychologische: Armenische Soldaten hatten das Gefühl, jederzeit und überall von einem Drohnenangriff überrascht werden zu können. Dies, zusammen mit ersten konkret zu messenden Erfolgen die unten beschrieben werden, hat dazu geführt dass sogar ein Ukrainisches Hochlied auf die Bayraktar komponiert wurde:
Das international für seine Konfliktanalysen anerkannte Blog Oryx hat bisher durch das Ukrainische Militär veröffentlichte Videos der TB-2 ausgewertet. Es wurde eine Liste von in der ersten Woche des Krieges nachweislich zerstörten Zielen auf russischer Seite erstellt:
- 1 Schützenpanzer
- 5 Haubitzen
- 5 Flugabwehrsysteme (SAM – Surface to Air Missile System)
- 1 Kommunikationsstation
- 2 mit Treibstoff beladene Züge
- 20 Trucks sowie Gelände- und andere Fahrzeuge
In dieser Liste sind nur zerstörte Fahrzeuge und Ausrüstungen aufgeführt, für die Foto- oder Videobeweise verfügbar sind. Insgesamt wurde nur sehr wenig Filmmaterial von TB-2-Angriffen über der Ukraine veröffentlicht, und auch nur aus Propagandasicht wertvolles. Daher ist die Zahl der von TB-2 beschädigten Ausrüstungsgegenstände wahrscheinlich weitaus größer als unten angegeben.
Das bedeutet, dass die TB-2 34 bestätigte Treffer erzielt hat und damit jetzt schon, bei Stückkosten von etwa 2 Millionen US-Dollar pro System, ein Mehrfaches ihrer Eigenkosten an gegnerischer Ausrüstung zerstört hat.
Ein Beispiel: Eines der SAM-Systeme, das in dem am 27. Februar veröffentlichten Video zerstört wurde, kostet schätzungsweise 50 Millionen Dollar. UCAV dieser Größe sind von ihrem Einsatzspektrum und ihren taktischen Zielen weder mit Kampfflugzeugen, Panzern oder Artillerie zu vergleichen. Dennoch ist klar — ihr Einsatz:
- Erfordert im Gegensatz zu diesen nicht, dass ukrainische Soldaten an der Front ihr Leben riskieren,
- Erfordert im Zweifel geringere Investitionen; ein deutscher Leopard 2-Kampfpanzer kostet 15 Millionen Euro, ein Kampfflugzeug der vierten, nicht mehr aktuellen, Generation ist nicht unter 20 Millionen USD zu erhalten
- Ist mit mehreren Crews kontinuierlich und ohne Rückzug von der Front möglich,
- Und verursacht deutlich geringere laufende Kosten und Kosten pro Einsatz als herkömmliche Luftfahrzeuge.
Wenn eine 2-Millionen-Dollar-Waffe eine 50-Millionen-Dollar-Waffe vernichtet, kann jede Regierung zufrieden sein.
Technische Details der Bayraktar TB-2
Baykar Defence, ein türkisches Unternehmen, stellt die Bayraktar TB-2 hauptsächlich für die türkischen Streitkräfte her; sie hat sich aber in den letzten Jahren zum Exportschlager entwickelt und zusätzlich zur Türkei und Ukraine wird sie auch von Katar, Aserbaidschan und auch Äthiopien, dort allerdings verdeckt, eingesetzt. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums versucht der Kreml, den zunehmenden Zustrom von Waffen und militärischer Hilfe von den internationalen Partnern des Landes, insbesondere aus Europa, durch den Einsatz schwerer Bomber über den Logistikrouten zu stoppen.
Die Bayraktar TB-2 ist ein unbemanntes Kampfflugzeug (UCAV — Unmanned Combat Air Vehicle), das zu Flugoperationen in mittlerer Höhe und mit langer Reichweite (MALE — Medium Altitude Long Endurance) fähig ist. Sie ist zu teilautonomen Entscheidungen fähig, was beispielsweise die Bekämpfung bestimmter erkannter Fahrzeugtypen bedeuten kann (siehe auch beispielsweise BLU-108 Submunitions um zu verdeutlichen, dass dies kein Science-Fiction-Feature ist).
Selçuk Bayraktar, ein ehemaliger MIT-Absolvent, ist maßgeblich für die Entwicklung des UAV verantwortlich. Während die türkischen Streitkräfte die TB-2 als “taktisches UAV” definieren, um sie vom Turkish Aerospace Industries (TAI) Anka UAV zu unterscheiden, wird sie nach internationalen Standards als MALE UAV eingestuft.
Es wird davon ausgegangen, dass zu jedem TB-2-System sechs Luftfahrzeuge, zwei Bodenkontrollstationen, drei Bodenterminals (GDT), zwei ferngesteuerte Videoterminals (RVT) sowie diverse Bodenunterstützungsausrüstung gehören. Die Flugsysteme werden von der Bodenkontrollstation aus überwacht und gesteuert, insgesamt sind dafür drei Personen erforderlich: Ein Pilot, der Bediener der Nutzlast und ein Missionskommandeur.
Die kreuzredundante Architektur des Bodenkontrollsystems ermöglicht es dem Piloten, dem Betreiber der Nutzlast und dem Missionskommandeur, jeweils auch bei Ausfall einer der Kontrollstationen die Plattform zu befehligen, zu kontrollieren und zu überwachen.
Bis zum 26. November 2021 hatte die TB-2-Drohne 400.000 Flugstunden absolviert. Laut dem Analysten Salem Al Ketbi trug die gestiegene Nachfrage nach dem Drohnentyp dazu bei, dass der “strategische Einfluss” der Türkei zunahm — etwas das das bisher von den USA dominierte Gefüge der Region verändern könnte.
Dies ist das zweite Mal, dass Bayraktar-Drohnen im Rahmen einer größeren offensive Eingesetzt werden, über den Einsatz im Nagorno-Karabakh-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan haben wir letztes Jahr in einem Artikel berichtet.
Besonders hervorzuheben ist die Effektivität des Systems auch in der Präsenz von und gegen Flugabwehr. Spezifisch mussten die Russischen Streitkräfte in Syrien feststellen, dass moderne Pantsir-S1-Systeme unwirksam waren, genauso wie ältere Osa und Strela-Systeme in Bergkarabach.
Bisher kann nicht abschließend eingeschätzt werden worin diese Effektivität begründet liegt. Vermutlich ist es aber eine Kombination von Größe und Flughöhe der Drohnen die dazu führt, dass für konventionelle Flugzeuge ausgelegtes Zielerfassungs- und Feuerleitradar keine gute Zielerfassung liefern kann und Flugabwehrraketen ihr Ziel nicht richtig treffen.
Einsatzanalyse
Um die ukrainischen TB-2-Drohneneinsätze besser zu verstehen, sollten wir uns einige konkrete Einsätze genauer ansehen. Klar ist, dass die Quellenlage einem noch andauernden Konflikt keine objektive Analyse ermöglicht. Dennoch liefert die Betrachtung verschiedenen Materials, zusammen mit den früheren Einsätzen der TB-2, eine erste Einschätzung der Effektivität.
Angriff auf ein Boden-Luft-Abwehrsystem während der Verlegung
Eine Reihe von mit Raketen beladenen und anderen Fahrzeugen ist in einer Falschfarben-Thermalansicht zu sehen. Das Fadenkreuz befindet sich über dem vorderen Raketenfahrzeug, das sich auch am nächsten zur Mitte des Konvois befindet. Neben dem Fahrzeug vor dem anvisierten Raketenfahrzeug befindet sich ein weiteres Fahrzeug, das anscheinend von einem dritten Fahrzeug repariert wird, das daneben in der Mitte der Straße geparkt ist.
In diesem speziellen Video wissen wir aufgrund der Bestätigung von Zaluzhny, dass es sich bei der verwendeten Drohne um eine Bayraktar TB-2 handelt. Das zerstörte System gehörte zur BUK-Familie von SAMs. Das Video zeigt nur einen Treffer, was aber nicht bedeutet, dass es nicht noch mehr Treffer gab.
Die Tatsache, dass in den Beschreibungen des Videos von der Zerstörung des Konvois die Rede ist, könnte ein Hinweis darauf sein, dass es nach der Explosion des ersten Fahrzeugs weitere Einschläge oder Sekundärexplosionen gab. Die Folgen der Explosion sind nicht zu sehen, da sie durch Feuer und Rauch verdeckt werden.
Analyse
Das Video zeigt Menschen, die sich langsam zwischen zwei SAMs bewegen. Die Drohne wurde auch nicht mit Kleinwaffen beschossen, eine Taktik, die Armenien in der Endphase des Konflikts empfohlen hatte. Zusammengenommen bedeutet dies, dass die Drohne trotz ihrer geringen Höhe wahrscheinlich nicht bemerkt wurde.
Es ist nicht zu erkennen ob der Flugkörper der die SAM-Systeme trifft auch von der beobachtenden Drohne abgeschossen wurde, tatsächlich ist auch bei sorgfältiger Analyse des Videos kein Flugkörper im Bildmaterial zu erkennen, nicht ungewöhnlich bei der niedrigen Framerate und der hohen Geschwindigkeit solcher Flugkörper. Es kann daher aber auch nicht gesagt werden ob die Rakete von der beobachtenden Drohne, oder überhaupt einer Drohne, abgefeuert wurde.
Angriff auf eine russische Kolonne bei Tschornobaiwka
Am 27. Februar postete die ukrainische Armee auf Facebook ein Video, das zeigt, wie eine von einer TB-2 abgefeuerte Rakete eine größere russische Militärkolonne trifft.
Es ist zu erkennen, dass einige Fahrzeuge der Kolonne schon länger gestoppt haben, da ihre Motoren inzwischen erkaltet sind; andere scheinen erst vor kurzem angekommen zu sein oder lassen ihre Motoren auch während des Stopps laufen.
Auf dem Video sehen wir kein Zielkreuz, sondern einen weißen Fleck auf dem mittleren Fahrzeug. Ein Vergleich mit anderen Videos lässt vermuten, dass es dabei um einen Lasermarkierer handelt, der eine Bombe ins Ziel lenkt; möglicherweise wird das HUD bei Verwendung dieser Funktion abgeschaltet um den Piloten bessere Kontrolle zu ermöglichen. Kurz darauf gibt es eine Explosion. Es gibt mindestens eine weitere sekundäre Explosion. Der Explosionsort brennt glühend heiß, und aufgrund der von der Aufprallstelle ausgehenden Brandstreifen ist es möglich, dass es sich bei dem Ziel um einen Tanklastwagenkonvoi gehandelt haben könnte.
Das Datum dieses Einsatzes zeigt, dass die Ukraine in der Lage war, vier Tage nach der russischen Invasion in der Ukraine Luftangriffe durchzuführen. Auch hier lässt sich feststellen, dass das Ziel russisch war und dass es sich bei der eingesetzten Waffe um ein Bayraktar-UAS handelte.
Analyse
Die Drohne konnte offensichtlich ungehindert Anfliegen, Zielen und eine Effektivitätsbeurteilung nach Einsatz vornehmen. Es sind keine Ausweichmanöver o.ä. zu erkennen die auf Beschuss hinweisen würden; ebenso ist die Bildqualität gut und die Videoverbindung stabil — Maßnahmen es elektronischen Kampfes waren also entweder nicht aktiv oder waren unwirksam.
Ein solcher Angriff auf einen Konvoi war in der Vergangenheit eigentlich nur im Rahmen eines Überfalls möglich. Gegen konventionelle Luftschläge sollte ein Konvoi mit mobiler oder personenbasierter Luftabwehr gesichert werden; gegen andere Angriffe mit schwerem Gerät oder durch nach Absitzen erfolge Perimeterdeckung. Die Tatsache dass eine Drohne mehr oder weniger ungehindert gegen den Konvoi vorgehen konnte ist der Albtraum eines jeden Logistikers.
Angriff auf ein verschanztes Boden-Luft-Abwehrsystem
Die Ukraine hat außerdem ein Video von einem Angriff außerhalb von Kiew veröffentlicht, bei dem ein russisches Buk-Boden-Luft-Raketensystem vernichtet wurde. Der Angriff wurde nach Angaben der Armee von einer Bayraktar-Drohne ausgeführt.
Auf dem Video sind mindestens zwei SAM-Fahrzeuge zu sehen, die zwischen lichten Bäumen geparkt sind. Es handelt sich um ein BUK-SAM-System, wie im ersten Video. Im Gegensatz zu dort sind die Fahrzeuge jedoch offensichtlich verschanzt und einsatzbereit. Es sind fünf Fahrzeuge zu sehen –mittig ein TELAR (Transporter Erector Launcher Radar, das Feuerleitradar ist bei BUK im Launcher enthalten) und ein Logistikvehikel welches vor allem zum Nachladen erforderlich ist. Weiterhin sieht man am oberen Rand was vermutlich das Kommandovehikel sowie das Suchradar des BUK ist; zusammen bilden diese Vehikel ein vollständiges System. Die im Video gezeigten Zielkoordinaten weisen auf einen Wald außerhalb von Kiew.
Das Fahrzeug auf der rechten Seite wird von einer Rakete mit einem offensichtlich kleineren Sprengkopf getroffen. Die Explosion ist zunächst nicht sehr auffällig, aber kurz darauf zeigt die Aufnahme eine deutlich größere Sekundärexplosion. Im weiteren Verlauf des Videos gibt es erneute Sekundärexplosionen. Nach der anfänglichen Detonation gibt es eine beträchtliche Menge an Rauch, der das Gebiet bedeckt, bevor das Video endet.
Analyse
Anhand des Videos können wir erkennen, dass es sich um einen Volltreffer in das TELAR-Vehikel handelt. Fraglich ist, warum die Explosion deutlich kleiner ist als die oben beschriebenen sind. Möglicherweise handelt es sich um eine Rakete mit kleinerem Gefechtskopf; die Sekundärexplosionen werden vermutlich zu einem Totalausfall des BUK-Systems geführt haben.
Besonders an diesem Video ist, dass das System vollständig einsatzbereit zu sein scheint. Obwohl zur Bekämpfung von Luftfahrzeugen ausgelegt wurde bei seinem Design vermutlich nicht die zunehmende Miniaturisierung und der Weg hin zu unbemannten Luftfahrzeugen vorhergesehen was in diesem Fall zur vollständigen Vernichtung geführt hat.
Schlussfolgerungen
Die Bayraktar TB-2 sind offensichtlich weiterhin einsatzbereit, obwohl im Rahmen der russischen Invasion das vollständige Sortiment an modernster Flugabwehr sowie Geräten der elektronischen Kampfführung in die Ukraine verlegt wurde. Mit letzteren hatte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE in ihrer Mission der Beobachtung der anhaltenden Konflikte im Donbass schon zu kämpfen, deren Drohneneinsätze konstant behindert wurden — sie haben aber offensichtlich keinen großflächigen Einfluss auf den Einsatz der TB-2.
Die Drohnen werden nicht nur eingesetzt, um stationäre Ziele anzugreifen, mit SAM-Systeme und Nachschubkonvois als primäre Ziele. Wie schon in früheren Konflikten hat sich gezeigt, dass die Drohnen anscheinend mehr oder weniger ungehindert auf dem Schlachtfeld agieren können. Dies könnte an mehreren Faktoren liegen, von denen wir einige besonders hervorheben möchten:
Erstens ist das von Russland eingesetzte Verteidigungsequipment nicht darauf ausgelegt, Drohnen zu bekämpfen. Das ist ein wichtiger Punkt: Drohnen, selbst solche der TB-2-Größe unterscheiden sich stark von herkömmlichen Luftfahrzeugen, in Flughöhe, Größe und Geschwindigkeit. Das Design herkömmlicher Flugabwehr scheint eine gute Bekämpfung solcher Ziele nicht zu begünstigen.
Zusätzlich ist der Radarquerschnitt der TB-2 ist Computeranalysen zufolge hauptsächlich nach oben gerichtet, was eine (bewusste oder unbewusste) Optimierung für die Vermeidung der Entdeckung durch Bodenradarsysteme darstellt. Es zeigt auch, dass sie vermutlich am besten mit dem L-Band-Radar erfasst werden könnte. Stealth-Features waren bis vor kurzem nur teurem militärischem Gerät der neuesten Generationen vorbehalten; das scheint sich zu ändern.
Unklar ist und bleibt allerdings warum das Equipment zur elektronischen Kampfführung gegen die Drohnen unwirksam zu sein scheint. Wie oben beschrieben hat das OSZE damit massive Probleme gehabt. Falls die Drohne gegen Maßnahmen wie etwa gezieltes Jamming von GPS-Signalen und Funkfrequenzen oder Breitbandstörung nicht resistent ist dann scheint die russische Seite nicht genügend derartiges Equipment eingesetzt zu haben um Drohnenflüge in der Fläche verhindern zu können.
Zuletzt ist zu betonen, dass die ukrainische Armee klassische Guerilla-Maßnahmen in die Luft zu bringen scheint. Es ist bei einer großangelegten Invasion wie von Russland durchgeführt in heutigen Zeiten schlicht unmöglich, alle vorrückenden Einheiten gegen alle Arten von Angriffen zu schützen. Dies verschafft der Ukraine nicht nur im Hinblick auf Drohnen massive Vorteile.
Der Bayraktar TB-2 ist zweifelsohne eines der modernsten Waffensysteme, die die ukrainischen Streitkräfte aktuell einsetzen. Es ist nicht klar, ob die Drohnen auf der Grundlage nachrichtendienstlicher Erkenntnisse eingesetzt werden oder ob sie ihre 27-stündige Aufenthaltsdauer nutzen, um Aufklärungsarbeit zu leisten und dann Ziele bei Gelegenheit anzugreifen. Man kann mit Recht davon ausgehen, dass sie nachrichtendienstlich gesteuert sind.
Einzelheiten darüber, wie sie ihre Ziele finden, werden aufgrund aktueller oder künftiger operativer Sicherheitsbedenken verständlicherweise nicht verfügbar sein. Die Erfahrungen aus Bergkarabach zeigen allerdings dass die TB-2 ihre Stärke vor allem im Zusammenspiel mit anderen Kräften als Force Multiplier ausspielt. Der entscheidende Faktor dort war nicht die futuristischste Drohne — es war die Drohnentechnologie selbst und ihr kreativer Einsatz auf allen Ebenen des Konflikts. Diese Erkenntnis ist vermutlich auch auf den aktuellen Krieg anzuwenden.